Dienstag, 7. April 2015

Hofbrief: KW15


Drei Viertel der Fläche, die unsere Milchschafe beweiden, gehören gar nicht zum Hof. Diese Wiesen grenzen unmittelbar an unsere Flächen an, Eigentümer ist aber der Kreis Steinfurt. Zu einem vergleichsweise günstigen Pachtpreis dürfen wir sie nutzen. Allerdings sind im Pachtvertrag einige Auflagen enthalten, welche eine nachhaltige biologisch-dynamische Bewirtschaftung erschweren:
Zum einen darf ein Teil der Flächen erst sehr spät genutzt werden, teilweise ab dem 1. Juni., teilweise sogar erst ab dem 15. Juni. Durch diese Maßnahme sollen am Boden brütende Vögel geschützt werden. Für die Milchschafe kann Beweidung oder Heuschnitt zu einem derart späten Zeitpunkt allerdings kein ausreichend gehaltvolles Futter liefern. Das Gras ist im Juni schlichtweg zu stängelig, um Milchbildung zu ermöglichen.
Außerdem darf keinerlei Düngungs- oder Bodenverbesserungsmaßnahme durchgeführt werden, auch keine Erhaltungsdüngung. Ziel ist hier, dass der Boden zunehmend ärmer wird an Nährstoffen, um seltenen Wildpflanzen, die in der mehr und mehr überdüngten Agrarlandschaft verdrängt werden, einen Lebensraum zu ermöglichen. Für unsere Nutzung bedeutet das Düngungsverbot aber eine nicht nachhaltige Bewirtschaftung, weil wir den gesamten Schafmist auf den übrigen Flächen unterbringen müssen; diese bekommen damit tendentiell zu viel Düngung. Außerdem wächst das Gras jedes Jahr etwas zurückhaltender, weil immer nur Aufwuchs entnommen, aber nichts zurückgegeben werden kann, auch nicht die biologisch-dynamischen Kompostpräparate.
Warum hat der Kreis Steinfurt als Verpächter solche Auflagen in den Pachtvertrag mit aufgenommen? Man spricht hier von „Naturschutzflächen“ im Gegensatz zu den Hochertragsflächen der konventionellen Landwirtschaft. Hier also zurück zur Natur, möglichst wenig Eingriffe in das Naturgeschehen, dort aber eine möglichst intensive Landnutzung mit synthetischem Dünger und Ackergiften für eine reiche Ernte. Unser Hof wurde in dieser Theorie auf der Naturschutzseite angesiedelt.
Auf den ersten Blick erscheint das sinnvoll, denn was vermag unsere Lebensgrundlagen besser zu schützen als ökologischer Landbau? Mit den uns auferlegten Nutzungsbeschränkungen müssen wir aber feststellen, dass eine nachhaltige Nutzung dieser Wiesenflächen über Jahrzehnte nicht möglich ist: Wenn wir immer weniger Heu ernten können und das Weidefutter für die Milchschafe über Monate nicht geeignet ist, muss unser Hof sich über kurz oder lang andere Flächen suchen, um überleben zu können.
Mehr zum Thema gibt es im nächsten Hofbrief.

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